Pflanzenkohle als Schwamm – Ein Feldversuch im Volkspark Jungfernheide
Im Volkspark Jungfernheide wurde eine großflächige Wiesenfläche mit einem neuartigen Ansatz saniert, um ihre ökologische Funktion und Aufenthaltsqualität langfristig zu sichern. Dabei kam Pflanzenkohle zum Einsatz, die den Boden lockert, Wasser speichert und als CO₂-Senke wirkt. In Kombination mit Mykorrhiza-Pilzen und regionalem Saatgut konnte so die Widerstandsfähigkeit gegenüber Hitze und Trockenheit deutlich erhöht werden. Die Maßnahme verbindet Klimaanpassung, Klimaschutz und Biodiversität mit dem Ziel, den Park zukunftsfähig zu gestalten. Erste Erfolge zeigen sich bereits darin, dass die Fläche auch nach längeren Trockenphasen grün und belastbar bleibt.
Allgemeine Informationen
Ort/Einrichtung
Weiterführende Links
Ziele und Aktivitäten
Die Zentrale Wiese des 146 ha großen Volkspark Jungfernheide ist sowohl als Erholungsfläche für die Bevölkerung als auch unter ökologischen Gesichtspunkten von großer Bedeutung. Der Park entstand in den 1920er-Jahren nach Plänen des Gartendirektors Erwin Barth und steht aufgrund seiner gartenkünstlerischen und freiraumpolitischen Bedeutung der Volkspark Jungfernheide als Gartendenkmal unter Denkmalschutz (Objekt‐Nr. 09046337). Die stetige Nutzung, das Alter der Parkanlage und die Folgen des Klimawandels haben dieser Rasenfläche in den letzten Jahren viel Kraft gekostet. Die zentrale Wiese hat ihre Funktionsfähigkeit mit der Zeit verloren. Mit gezielten Maßnahmen versuchen wir nun die Widerstandsfähigkeit (Resilienz) dieser beliebten Fläche zu steigern und ihr durch eine “Frischzellenkur” neues Leben und Vitalität einzuhauchen. Die Sanierungsmaßnahmen zielen darauf ab, den verfestigten Boden aufzulockern, den Wasser- und Nährstoffhaushalt zu verbessern und somit die Wiese widerstandsfähiger gegen Belastungen zu machen sowie gleichzeitig die Erholungsfunktion der Wiese zu verbessern.
Für das Projekt wurde ein mehrstufiges, nachhaltiges Konzept zusammen mit Expert*innen erstellt und umgesetzt: Auf mehr als 3 Hektar des Volksparks Jungfernheide wurde eine neuartige und innovative Methode angewendet, damit die große Wiesenfläche im Frühjahr 2023 wieder in vollem Besitz ihrer Kräfte ist. Hierbei kam Biokohle aus Gehölzschnitt für einen verbesserten Wasserhaushalt zum Einsatz. Biokohle ist sehr porös und bindet Wasser wie ein Schwamm. Zudem speichert die Biokohle den Kohlenstoff (CO2 Senke).
Das Funktionsprinzip:
Die Biokohle wurde mit Pilzen beimpft. Die Hyphen der „Mykorrhiza“-Pilze sorgen für den Austausch von Wasser und Nährstoffen aus der schwammporigen Kohle und den Rasenpflanzen. Im Boden verbindet sich das Pilzgeflecht mit den Feinwurzeln der Pflanze und macht den Speicher nutzbar. Dies ermöglicht einen Austausch, bei dem der Pilz den Pflanzen Wasser liefert und im Gegenzug dafür etwas erhält, das der Pilz nicht selbst herstellen kann: Zucker. Dieser speichert mehr Kohlenstoffdioxid, als bei der Herstellung freisetzt wird. Durch den Einsatz der Pflanzenkohle wird CO2 aus der Luft dauerhaft im Boden gebunden (pro Tonne Pflanzenkohle ca. 3,2t CO2) und somit ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen den fortschreitenden Klimawandel geleistet. Gleichzeitig hilft sie beim natürlichen Humusaufbau und stärkt die Pflanzen auf ganz vielfältige Art – eine win-win-Situation.
Die Zentrale Wiese im Volkspark Jungfernheide:
Durch das Einbringen von rund 22 Tonnen Pflanzenkohle, können insgesamt etwa 70 Tonnen CO2 langfristig im Boden gebunden und der Atmosphäre entzogen. Zudem wurden standortangepasste Gräser und unterstützende Rasenkräuter (Regiosaatgut) verwendet. Diese Pflanzen sind hier heimisch und somit genetisch an das Umfeld von Berlin angepasst und kommen mit den Standortbedingungen (Sand und Trockenheit) viel besser klar. Durch die Kombination der Maßnahmen kann in Zukunft auf künstliche Bewässerung und Düngung verzichtet werden und diese Fläche ist in jedem Fall ein klimaangepasster Rasen für die Zukunft.
Damit leisten die ökologischen Aufwertungsmaßnahmen der zentralen Wiesenfläche im Volkspark Jungfernheide einen wichtigen Beitrag zur Klimaanpassung, zum Klimaschutz, zur biologischen Vielfalt und für die Menschen, die den Park nutzen. Nach dem sehr trockenen Frühjahr 2025 zeigten sich die Erfolge auf der Fläche. Die Wiese war trotz mehrwöchiger Trockenheit grün und nutzbar.
Unter der Federführung des SGA Gruppe Neubau und Planung wurde ämterübergreifend der Landesdenkmalbehörde mit dem unteren Denkmalamt, dem Umwelt- und Naturschutzamt, dem externen Biodiversitätsplaner Dr. Unterweger, GaLaBau-Firma und verschiedene Hersteller bzw. Händler (bsp. Mykorrhiza-Pilz-Kulturen, Pflanzenkohle, Kompost, Saatgut) in Zusammenarbeit die Maßnahme vorbereitet und umgesetzt.
Erkenntnisse
Mit gezielten Maßnahmen hat der Fachbereich Grünflächen des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf die Widerstandsfähigkeit der großen Wiese des Volksparks Jungfernheide durch eine “Frischzellenkur” neues Leben und Vitalität eingehaucht. Die Sanierungsmaßnahmen haben den verfestigten Boden aufgelockert, den Wasser- und Nährstoffhaushalt verbessert und machen somit die Wiese widerstandsfähiger gegen Belastungen. Der Einsatz von Pflanzenkohle in der Jungfernheide ist eines von mehreren Schwammstadtprojekten des Bezirksamts im Jahr 2023.
Die Maßnahme des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf „Pflanzenkohle als Schwamm – Ein Feldversuch im Volkspark Jungfernheide“ wurde als einer der zukunftsweisenden Vorhaben am Donnerstag, 4. Juli 2024, im Rahmen des Wettbewerbs „Regenial! Ihr Schwammprojekt für unsere Schwammhauptstadt“ der Berliner Regenwasseragentur ausgezeichnet.
Im Laufe der Maßnahme gab es einige Herausforderungen. Die Bodenqualität/ Funktionsfähigkeit war stark (belastet) durch Trockenheit und Übernutzung ist der Boden/ Untergrund stark beeinträchtigt, was eine gründliche Analyse und gezielte innovative Maßnahmen wie die Einbringung von Pflanzenkohle erforderte. Zudem mussten die Arbeiten logistisch gut geplant werden, um parallel die Nutzung des Parks durch Besucher*innen nicht zu stark einzuschränken. Die zentrale Wiese wurde nicht abgesperrt. Stattdessen informierte das Bezirksamt informierte die Besucher*innen und bot alternative Wege zur Parknutzung, um die Arbeiten und den Prozess nicht zu hindern. In Regie des Grünflächenamtes CW und durch eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten und eine flexible Projektplanung konnten diese Herausforderungen erfolgreich gemeistert werden.
Das Projekt zur Vitalisierung der zentralen Wiesenfläche im Volkspark Jungfernheide hat einige wertvolle Erkenntnisse und Erfahrungen geliefert, die für ähnliche Vorhaben nützlich sein können. Eine der wichtigsten Lehren war die frühe Einbeziehung der Bevölkerung. Durch Informationsveranstaltungen und regelmäßige Kommunikation konnte Verständnis und Akzeptanz für das Projekt geschaffen werden, was mögliche Bedenken der Anwohner*innen minimierte. Zudem zeigte sich, dass eine flexible Planung entscheidend war, da wetterabhängige Maßnahmen die Anpassung des Zeitplans erforderlich machten.
Eine weitere Erkenntnis war die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit. Die enge Kooperation zwischen verschiedenen Ressorts des Bezirksamts, Fachunternehmen und Umweltplanern ermöglichte eine fundierte und nachhaltige Umsetzung.
Das Projekt verdeutlichte, wie wichtig es ist, auf nachhaltige Materialien und Techniken zu setzen, wie etwa die Verwendung von Pflanzenkohle, um ökologische Auswirkungen zu minimieren. Diese Erkenntnisse können als hilfreiche Grundlage für die erfolgreiche Planung und Umsetzung ähnlicher Umweltprojekte dienen.