Städtebauliche Entwicklung militärischer Konversionsflächen Würzburg – Hubland

Die ehemaligen Leighton-Barracks, ein ehemaliges militärisches Gelände, befinden sich in der Konversion hin zu Würzburgs neuem „Stadtteil Hubland“. Die Konversionsfläche weist eine annähernd identische Größe mit der Altstadt innerhalb des Ringparks auf, was eine große Chance für die Stadtentwicklung Würzburgs darstellt.  

Nachdem die Weichen durch das integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) 2008 gelegt worden waren, hat zunächst der Freistaat Bayern 2009 rund 39 Hektar für die Erweiterung der Universität erworben. Die Stadt Würzburg konnte 2012 den überwiegenden Teil mit 95 Hektar erwerben und die Gesamtfläche zu einem neuen Stück Stadt entwickeln, vernetzt mit der Umgebung.

Belvedere

Belvedere, Quelle: ©Göttlicher Creativ Photografie

Tower

Tower, Quelle: ©Göttlicher Creativ Photografie

Aktivband (Sportfläche)

Aktivband, Quelle: ©Göttlicher Creativ Photografie

Retensionsmulde Rottendorfer Str.

Retensionsmulde Rottendorfer Str., Quelle: ©Göttlicher Creativ Photografie

Kita „Weltentdecker“ (Sanierung Bestandsgebäude)

Kita „Weltentdecker“ (Sanierung Bestandsgebäude), Quelle: ©R. Wengel

Bestandswohngebäude am Elferweg

Bestandswohngebäude am Elferweg, Quelle: ©Göttlicher Creativ Photografie

Förderprogramm
Städtebauförderprogramm "Stadtumbau West", Mobilität (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit), Nationale Klimaschutzinitiative und EFRE-Förderung
Themenfeld
Grüne Infrastruktur
Partizipation, Bildung
Stadtplanung
Laufzeitbeginn
01/2010
Laufzeitende
12/2035
Name der Gebietskörperschaft / Einrichtung
Würzburg – Hubland
Bundesland
Bayern

Ziele und Aktivitäten

Motivation

Eng verzahnt mit dem Landschaftsraum und den umgebenden bestehenden Strukturen soll ein neuer lebendiger Stadtteil entstehen, der vielfältigen Raum für Wohnen, Arbeiten, Forschen, Studieren und Erholen bietet. Gelegen auf einer trockenen Hochebene, geprägt durch amerikanische Weite in Rasenflächen und Parkplatzflächen, aber auch alten Baum- und Parkbeständen wurde das Gelände in seinen Grünbeständen untersucht, u.a. in einer frühen freiraumplanerischen Feinuntersuchung. Bereits im alten Landschaftsplan aus den 80iger Jahren waren Luftleitbahnen für die Innenstadt von der Hochebene ausgewiesen, die es zu erhalten galt. Im Rahmen der Vorbereitung der Strukturdaten - eines städtebaulich-landschaftsplanerischen Wettbewerbes - wurden die Eckdaten durch weitere Untersuchungen wie eine Wohnungsmarktanalyse, ein Verkehrsgutachten und mehrere Bürger-Planwerkstätten definiert.  

Im Planungsprozess für diesen Stadtteil, der mit regem Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern durchgeführt wurde, spielten Nachhaltigkeit und Umweltschutz von Beginn an eine wichtige Rolle. Ein großer neuer Stadtteil soll einen möglichst kleinen »ökologischen Fußabdruck« hinterlassen.

Spezifikation

Ziel des Projektes war die Schaffung eines neuen Stadtteils, bei dem Klimaschutz und Klimaanpassungsthemen von Beginn an mitgedacht wurden. So wurden folgende Punkte bei der Konversionsfläche berücksichtigt:  

  • Entsiegelung
  • Erhalt von Grünstrukturen/ Baumstrukturen
  • Erhalt von Frischluft-Entstehungsflächen und Vernetzung derselben
  • Freihalten der Durchlüftung
  • Neue Grünflächen und Vernetzung der Freiflächen im neuen Stadtteil und mit der Umgebung
  • Dachbegrünung in Kombination mit Photovoltaik
  • Erprobung der Resistenz neuer Straßenbaumarten 

In Anlehnung an das Forschungsprojekt „Stadtgrün 2021 – Selektion, Anzucht und Verwendung von Gehölzen unter sich ändernden klimatischen Bedingungen“ wurden im Quartier VI (Hublandterrassen) im Herbst 2016 sechs verschiedene Baumarten gepflanzt. Dieses von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau initiierte Klimawandel-Projekt sichtet und erprobt potenziell geeignete Baumarten, die den prognostizierten Klimabedingungen unserer Städte auch zukünftig trotzen können. Wenn sich diese Bäume in den nächsten Jahrzehnten gut entwickeln werden, können sie ihre vielfältigen Funktionen, wie beispielsweise Sauerstoffproduktion, Staubfilter oder Wasserspeicher, nachhaltig erfüllen. 

Im Vergleich zum US-Bestand ergab die mikroklimatische Untersuchung ein teilweise leicht gestiegenes Überwärmungsrisiko, bedingt durch die zusätzliche Bebauung. Positiv wirken sich aber die zentralen Frei- und Grünflächen auf die neue Stadtstruktur aus. Die Freiflächen schaffen klimatisch wirksame Ausgleichflächen (Cold Spots) und bewirken eine verbesserte Durchlüftung, da die Freiflächen anhand der typischen Windrichtung aus Südwest ausgerichtet sind und die parkähnlichen Strukturen großzügig und zusammenhängen positiv die lokalen Winde fördern. 

Das Regenwasser wird im neuen Stadtteil Hubland bewirtschaftet und nur verzögert – nach vorgegebenen Mengenbegrenzungen – in das bestehende Kanalnetz außerhalb des Plangebietes abgegeben. Das in öffentlichen Straßen, Wegen, Plätzen und Grünanlagen anfallende Regenwasser wird, wo technisch möglich und wirtschaftlich angemessen, über ein oberflächennahes offenes Entwässerungssystem geführt und Regenwasserrückhaltebereichen zugeleitet. Das Regenwasser wird überwiegend in Grünflächen geleitet, dort zurückgehalten und gedrosselt an die Übergabepunkte in das städtische Entwässerungssystem geführt. Anfallendes Niederschlagswasser privater Grundstücke wird nach der Entwässerungssatzung der Stadt Würzburg auf den privaten Grundstücken bewirtschaftet, soweit dies ordnungsgemäß möglich ist (Verpflichtende Dachbegrünung in Kombination mit Photovoltaik, Zisternen). 

Eine Übersicht der Meilensteine des Projektes ist auf der Website hier abgebildet.

Die Stadt Würzburg wurde in vielfältiger Weise im Konversionsprozess finanziell seitens des Städtebauförderprogramms „Stadtumbau West“ (seit 2020: Wachstum und nachhaltige Erneuerung) unterstützt. Von vorbereitenden Gutachten, über den städtebaulich-landschaftsplanerischen Ideenwettbewerb über das Wettbewerbsverfahren zur Landesgartenschau 2018 bis hin zum Realisierungswettbewerb zur Reaktivierung und Umnutzung des „Treffpunkt Tower“ und der Reaktivierung eines alten Hangars zu einem Zentrum für Bildung, Kultur und Soziales. Quartiersplätze oder auch die Terrassengärten, Fußwege und grüne Achsen wurden unterstützt. Im Bereich Mobilität fördert das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit auch den Bau von Mobilstationen am Hubland. Die Umsetzung von Klimaschutzprojekten in sozialen, kulturellen und öffentlichen Einrichtungen wurde im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative gefördert. Und auch EU-Mittel (EFRE-Förderung) konnten in Anspruch genommen werden.

Kooperation und Vernetzung

Der Fachbereich Stadtplanung der Stadt Würzburg übernahm die operative Leitung des Projekts. Ein Konversionsausschuss des Stadtrats wurde eingerichtet, um politische Entscheidungen zu treffen und die Umsetzung zu begleiten. Eine Lenkungsgruppe unter Vorsitz des Oberbürgermeisters koordinierte die strategischen Maßnahmen. Ein externes Stadtumbau-/Konversionsmanagement wurde hinzugezogen, um die Projektsteuerung zu leiten und die Stadtverwaltung zu unterstützen.  

Die Universität Würzburg war ein zentraler Partner, insbesondere bei der Erweiterung des Campus Hubland Nord.  

In Anknüpfung an das Mobilitätskonzept für den neuen Stadtteil entsteht für das östliche Stadtgebiet Würzburgs und die angrenzenden Umlandgemeinden ein gemeinsames Radverkehrsnetz entstehen. Verschiedene Investoren und Bauträger waren beteiligt, um die Wohn- und Gewerbeprojekte umzusetzen sowie die städtische Wohnbaugesellschaft und Genossenschaften. 

Des Weiteren trugen Architekten und Landschaftsplaner durch Wettbewerbe und nachhaltige Planungen zur Gestaltung bei. Und auch die Befassung von Bauvorhaben in der Kommission für Stadtbild und Architektur (KOSA) hatte das Ziel die gesteckten Qualitätsziele stringent zu verfolgen.

Erkenntnisse

Projektergebnisse

Innovative Architektur, die Ressourcen schont, sozial verträglicher Wohnungsbau (rund 2000 Wohneinheiten in breiter Vielfalt mit bis zu 5.000 Einwohnen) in hochwertigen Wohnquartieren (darunter auch sozial geförderter Wohnraum mit einer Mindestquote von 30 %), ein kulturelles Stadtteilzentrum, dessen Herz ein grüner Park ist, und hochmoderne Mobilitätsangebote sind Bestandteile des Projekts.  

Für einen lebendigen neuen Stadtteil ist eine funktionierende Nahversorgung unabdingbar. Das Nahversorgungszentrum, mit Vollsortimenter, Drogerie, Bäcker, Bekleidungsgeschäft, Apotheke, Friseur und Biomarkt sowie Discounter gliedert sich in drei Hauptgebäude, wobei der bestehende Hangar erhalten und saniert wurde.  

Im Mai 2024 eröffnet eine Kindertagesstätte (im ehemaligen Mannschaftsgebäude 13). Darüber hinaus befinden sich an diesem Standort der Kinder- und Jugendtreff „KiJu13“ sowie Außenstellen des städtischen Familienstützpunktes und des Allgemeinen Sozialdienstes.  

Mitte 2024 wurde ein Grundsatzbeschluss zum Neubau einer Grundschule sowie zum Erhalt des Hangars (Gebäude Nr. 14) gefasst. Zusammen mit dem Gebäude 13 kann so das Projekt HUB27+ (Zentrum für Soziales, Kultur, Bildung und Sport) um die Synergien mit der neuen Grundschule und Sporteinrichtungen bereichert und umgesetzt werden.  

Nach intensiven Sanierungs-, Entkernungs- und Umbaumaßnahmen im Gebäude sowie baulichen Veränderungen am Gebäude (Turmaufstockung) wurde bereits zur Landesgartenschau 2018 der Tower als Treffpunkt eröffnet. Der Tower beherbergt die Stadtteilbücherei, das Zentrum für digitale Innovationen Mainfranken (ZDI) und einen Mehrzweckraum mit Teeküche.  
Eine Fläche, die etwa zehn Fußballfeldern entspricht, wurde entsiegelt und die baulichen Anlagen so ausgerichtet, dass der Zufluss nächtlicher Kaltluft für Abkühlung sorgt. Eine nachhaltige Fernwärmeversorgung wurde eingerichtet und wichtige Grünzüge miteinander vernetzt. 

Das Gelände ist mit Fernwärme versorgt. Es wurden Experimentierfelder für nachhaltige Bauformen (z. B. mehrstöckige Holzhäuser) und ein System zur Zurückhaltung des Regenwassers eingerichtet. Rund 50% der städtischen Fläche sind Freiflächen, die der Natur, aber auch der Freizeitgestaltung dienen.

Herausforderungen

Eine Konversion dieser Größenordnung ist eine hochkomplexe Aufgabe, bei der viele Themen und Personen mitgenommen, koordiniert und berücksichtigt werden müssen. Das Erkennen und der Erhalt der Wertigkeiten vor Ort wie Grünbestand, Gebäudebestand auch in einer herausfordernden Topographie muss vermittelt und ideell als auch wirtschaftlich überzeugend dargestellt werden können.

Erkenntnisse

Zentraler Erfolgsfaktor für einen neuen Stadtteil, welcher von verschiedensten Nutzergruppen bewohnt und genutzt wird, war der städtebauliche Rahmenplan Hubland, der in Plan und Wort die Idee des neuen Stadtteils vermittelt.  

Die Bildung des Konversionsausschusses, dem die politischen Entscheidungen zur Maßnahme oblagen, trug wesentlich zur stringenten Zielverfolgung und letztlich zum Erfolg bei. Das städtebauliche Konzept und die konkreten Festsetzungen der Bebauungspläne bilden den Rahmen für eine hochwertige und qualitätsvolle Entwicklung des Gebiets.  

Ergänzend zeigt das „Gestaltungshandbuch Hubland“ Lösungen und Gestaltungsempfehlungen für Bebauung und Freiräume der privaten Baugrundstücke, da diese den neuen Stadtteil mitprägen und in den öffentlichen Raum hineinwirken. Das Handbuch trägt zur Kommunikation der am Bauen Beteiligten bei. Die Konversionsmaßnahme ist mit einem aufwendigen Steuerungs- und Umsetzungsprozess verbunden. Die Vermarktung der Grundstücke erfolgte hoheitlich durch die Stadt. Für die komplexe Gesamtkoordination, Beratung und Öffentlichkeitsarbeit hat sich im Prozess ein externer Stadtumbaumanager als zusätzliche gute Unterstützung erwiesen. 

Das Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm „Stadtumbau West“ hat wesentlich mit zur raschen und hochwertigen Realisierung beigetragen.  

Aber auch insbesondere die Landesgartenschau 2018 stellte einen Meilenstein in der Entwicklung des Hublands dar. Die geschaffenen Grünanlagen dienten von Beginn an als attraktiver Freiraum und Treffpunkt für den neuen Stadtteil und die benachbarten Quartiere. 

Umfassende Bürgerbeteiligung schärfte frühzeitig das Profil der Entwicklung und ermöglichte eine positive Verankerung und Begleitung der Planungen und Umsetzungen.

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