8 Fragen – 8 Antworten
1. Wo arbeiten und wirken Sie?
Als Klimaanpassungsmanagerin arbeite ich seit 2020 im Kreis Minden-Lübbecke – ganz im Nordosten von NRW. Meine beiden Kolleg*innen und ich bilden gemeinsam das Klimaschutz- und Klimaanpassungsmanagement der Kreisverwaltung. Unser Kreis ist geprägt durch eine heterogene Struktur mit viel Landwirtschaftsfläche, aber auch einige Mittelzentren wie Minden, Bad Oeynhausen oder Lübbecke. Das Wiehen- und Wesergebirge durchzieht das Kreisgebiet als bewaldetes Mittelgebirge. Charakteristisch ist außerdem das größte noch verbliebene Moorgebiet in NRW.
2. Was bedeutet für Sie Klimaanpassung?
Klimaanpassung bedeutet für mich, mit den bereits existierenden Folgen des Klimawandels umzugehen – angepasst an die ganz verschiedenen Ansprüche eines Raumes. Während sich in der Stadt Minden Fragen des Hitzeschutzes für vulnerable Bevölkerungsgruppen ergeben, ist an den Hängen des Wiehengebirges in kleineren Kommunen vielleicht eher der Starkregenschutz im Fokus, im nördlicheren Kreisgebiet vor allem die Trockenheit der Böden. Klimaanpassung bedeutet für mich mit ALLEN relevanten Akteur*innen ins Gespräch zu kommen und Klimaschutz und Klimaanpassung immer gemeinsam zu fördern.
3. Mit welchen Herausforderungen der Klimakrise ist Ihre Kommune konfrontiert?
Konfrontiert ist der Kreis Minden-Lübbecke grundsätzlich mit dem Anstieg der Jahresmitteltemperaturen, der Abnahme von Frost- und Eistagen und mit der Zunahme von Sommertagen und heißen Tagen. Zur zunehmenden Herausforderung wird die Trockenheit der landwirtschaftlichen Böden, das Trockenfallen von Gewässern und Trockenschäden und Schädlingsbefall an Bäumen. Hitze tritt vor allem auf großen nicht verschatteten Landwirtschaftsflächen sowie in den stärker versiegelten Gebieten auf. Starkregen hat schon vermehrt zu Hangabrutschungen und Überschwemmungen im Wiehengebirge geführt. Auch Winterhochwasser der Weser nehmen zu.
4. Welche Klimaanpassungsmaßnahmen wurden oder werden noch in Ihrer Kommune umgesetzt?
Als Kreis haben wir u.a. ein Förderprogramm für Dach- und Fassadenbegrünung sowie Entsiegelungen. Gemeinsam mit der Stadt Minden haben wir ein Modellprojekt mit mobilen vertikalen Gärten auf dem Busbahnhof im Sommer 2023 umgesetzt. Für die Umsetzung von Klimaanpassungsbelangen in der Bauleitplanung erarbeiten wir gerade gemeinsam mit den Kommunen eine Handreichung. Aufgrund der ländlichen Struktur unseres Kreises arbeiten wir auch viel mit der Landwirtschaftskammer und dem Regionalforstamt zusammen. So führen wir derzeit die Maßnahme „Klimaallianz in der Landwirtschaft“ durch. Im Zuge dessen werden landwirtschaftlichen Betrieben Klimafolgenkarten und Treibhausgasbilanzen zur Verfügung gestellt. Gemeinsam mit der Verbraucherzentrale bieten wir Klimafolgenspaziergänge für Bürger*innen mit kleinen Messungen und Experimenten an.
5. Was sind Ihre wichtigsten Aufgaben als Klimaanpassungsmanager*in Ihrer Kommune?
Als Klimaanpassungsmanagerin auf Kreisebene arbeite ich vor allem konzeptionell an kreisweiten Projekten und Angeboten. Meine Hauptaufgabe war die Koordinierung des kreisweiten Klimaanpassungsprojektes Evolving Regions von 2020-2023. Im Rahmen des Projekts galt es, ein Netzwerk zur Klimaanpassung aufzubauen, Workshops zur Maßnahmenentwicklung zu organisieren und Daten für die Klimawirkungsanalyse zu beschaffen.
Seit Projektabschluss koordiniere ich die Umsetzung der Maßnahmen, organisiere regelmäßige Runde Tische und arbeite an Modellprojekten mit den Kommunen und weiteren Projektpartner*innen. Zu meinen Aufgaben gehört auch die Organisation der jährlichen Klimaanpassungswochen bzw. –tagen.
6. Welches sind die größten Herausforderungen im Arbeitsalltag?
Chance und zugleich Herausforderung ist, dass die Klimaanpassung eine Querschnittsaufgabe ist. In nahezu jedem Bereich kann man tätig werden – ob eigene Verwaltung, Wirtschaft oder Bildung. Die richtigen Ansatzpunkte zu finden und Leute zum Mitwirken zu animieren, ist anspruchsvoll.
7. Welche Fähigkeiten und Eigenschaften braucht eine Klimaanpassungsmanager*in?
Als Klimaanpassungsmanager*in sollte man in jedem Fall Kommunikations- und Teamfähigkeit mitbringen. Auch Klimafachkenntnisse und Grundlagen der Planung sind erforderlich. Man sollte die Bereitschaft mitbringen, Präsentationen vor Publikum oder politischen Entscheidungsträger*innen zu halten. Methodische Kenntnisse für die Moderation von Beteiligungsformaten und Veranstaltungsmanagement sind ebenfalls öfter gefragt.
8. Wenn Sie sich als Klimaanpassungsmanager*in etwas wünschen könnten, was wäre das?
Einfach mal neue Ansätze ausprobieren. Die Klimaanpassung, genau wie den Klimaschutz, in allen politischen Entscheidungen mitzudenken. Es werden immer noch Vorhaben geplant, gebaut und umgesetzt, die das Thema in keiner Weise berücksichtigen. Da kann man auch viel von anderen Ländern lernen. Deshalb ist unser Kreis auch Unterzeichner der EU-Charta und der Mission „Anpassung an den Klimawandel“.