Kommunikation der Klimaanpassung in Kommunen

Im Interview mit Frau Lea Grosse, klimafakten.de

Wie kann man die Klimakrise und ihre Folgen richtig kommunizieren? Wie trifft man den richtigen Ton, ohne Angst zu schüren? Wie kann man die Menschen motivieren, selbst aktiv zu werden und sich an die Folgen der Klimakrise anzupassen? Die Klimakommunikation muss über die bloße Verdeutlichung der Gefahren der Klimaveränderungen hinausgehen. Sie muss lösungsorientiert sein und auf konstruktive Maßnahmen setzen. Über eine erfolgreiche Kommunikation zur Klimakrise haben wir uns mit Lea Grosse unterhalten. Sie ist Umwelt-Psychologin und arbeitet bei klimafakten.de. Dort berät und unterstützt sie im Bereich Klimakommunikation.

 

ZKA: Woran kann es liegen, dass das Thema Klimakrise nach wie vor so schwierig ist, richtig zu kommunizieren? Liegt es vielleicht daran, dass der Prozess der Klimakrise zu Beginn nicht richtig kommuniziert wurde und daher die Menschen es nicht ernst genommen haben – oder nicht ernst nehmen wollten?

Lea Grosse: Genau hier liegt das grundlegende Problem: Die Menschen haben die Klimakrise und deren Bedeutung für uns noch (immer) nicht verstanden... George Marshall beschreibt das sehr gut in seinem Buch. “Don't even think about it. Why are brains wired to ignore climate change“.
Er beschreibt darin, wie schwer sich Menschen damit tun, Gefahren wie die Klimakrise, die ungewiss sind, irgendwann in der Zukunft passieren und sie nicht direkt selbst betreffen, für sich selbst ernst zu nehmen.
Aber mittlerweile hat die Klimakommunikation da schon sehr viele Fortschritte gemacht. Wir wissen mittlerweile, dass Menschen – auch wenn sie  mehr Wissen zur Klimakrise haben, nicht automatisch ins Handeln kommen. Damit können wir arbeiten: die Klimakrise wird konkreter kommuniziert und z.B. die Zusammenhänge zwischen Wetter und den Extremwetterereignissen, wird mit dem Klimawandel, der Klimakrise in Verbindung gebracht. Mehr und mehr wird das auch so in den Medien aufgegriffen und dargestellt. Damit sind wir schon ein ganzes Stück weiter.

ZKA: Doch wenn ganz konkret beschrieben wird, wie schlimm die Klimakrise tatsächlich ist, besteht dann nicht die Gefahr, dass die Menschen dicht machen, weil sie Angst entwickeln? Wie findet man denn da die richtige Balance in der Kommunikation?

Lea Grosse: Das ist die zweite große Herausforderung, vor der wir als Klimakommunikator*innen, stehen. Wie kann ich als Klimakommunikator*in wirklich die Dringlichkeit zeigen, die aber erst mal bei der Person Angst erzeugen wird? Da ist es dann wichtig, als Klimakommunikator*in, Klimaanpassungsmanager*in, Klimawandelforscher*in den nächsten Schritt zu gehen und sich die Frage zu stellen: Wie können wir dafür sorgen, dass diese Menschen nicht in der Angst verweilen, sondern sich handlungsfähig fühlen? Dabei spielt Kommunikation eine entscheidende Rolle. Am Ende einer angsterzeugenden Botschaft sollte immer eine Handlungsoption stehen, damit Menschen sehen: „Ich kann hier etwas tun, es ist nicht ausweglos“.

ZKA: Inwieweit spielt die finanzielle Situation eine Rolle in der Klimakrise. Oder auch die Menschen, die von persönlicher Selbstverwirklichung und Wolstandswillen gesteuert sind. Ist das mit dem Umweltbewusstsein überhaupt zu vereinbaren?

Lea Grosse: Eine ganz spannende Frage. Die Organisation „More in Common“ hat verschiedene Gesellschaftstypen in Deutschland identifiziert, die zu allen möglichen Themen verschiedene Einstellungen, Gefühle, Ansichten haben. „More in Common“ hat auch eine ausführliche Befragung zum Klimaschutz durchgeführt.

Es wurde deutlich, dass allen Gruppen am wichtigsten ist, dass Klimaschutz bezahlbar ist – und zwar für alle gesellschaftliche Gruppierungen, ganz gleich, ob in der Stadt oder auf dem Land lebend. Somit ist es auch unglaublich wichtig, dass man bei der Kommunikation von durchgeführten oder angedachten Maßnahmen immer im Blick haben muss, dass Menschen sich die Frage stellen: kann ich mir das überhaupt leisten? Es darf kein Gefühl der ungerechten Behandlung aufkommen.

Auch die Frage der Selbstverwirklichung und des Wohlstands ist spannend und wichtig. Was bedeuten Selbstverwirklichung und was ist Wohlstand? In den letzten Jahrzehnten wurde uns die Ansicht vermittelt, dass Wohlstand bedeutet, sich bestimmte Dinge leisten zu können, wie ein Haus, ein großes Auto, zwei Urlaube pro Jahr. Wenn wir uns aber überlegen, wie Wohlstand noch aussehen kann, haben wir eine ganz andere Grundlage der Kommunikation. Wohlstand bedeutet für viele Menschen zum Beispiel auch: ich lebe in einer sauberen Stadt, die zu meiner Gesundheit beiträgt und mich nicht krank macht. Hier ist es für Klimakommunikator*innen besonders wichtig, sich zu überlegen: Mit wem kommuniziere ich, wer ist meine Zielgruppe, was sind ihre Werte?

ZKA: Welche Instrumente bieten sich für die Klimakommunikation an?

Lea Grosse: Es gibt eine ganze Menge an Instrumenten und sie sollten in ihrer ganzen Bandbreite angewendet werden. Das hat vor allem damit zu tun, dass unsere Gesellschaft sehr divers ist und Menschen unterschiedlich erreicht werden können und sollten. Deshalb reichen auch große Social-Media- und Informationskampagnen nicht aus. Stattdessen sollte man unbedingt auch Veranstaltungen planen, in denen Menschen zusammenkommen, sich austauschen können und das Gefühl haben, Teil eines Prozesses zu sein (und es auch wirklich sind).

Und auch da kann man wieder auffächern. Ist es eine Informationsveranstaltung z.B. von der Stadtverwaltung, in der Klimaanpassungspläne kommuniziert werden? Oder ist es ein Erfahrungsaustausch? Wenn ich effektiv kommunizieren möchte, muss ich mir als erstes immer überlegen, mit wem kommuniziere ich und was ist mein Ziel? Wer hört mir zu bzw. von wem wünsche ich mir, dass er oder sie mir zuhört? Wenn man sich über die Zielgruppe Gedanken macht, sind auch die Kommunikationsinstrumente schnell klarer.
Oftmals sind reine Informations-Kampagnen weniger effektiv als z.B. Kommunikations-Instrumente, die die Meinung oder das Verhalten der Mitmenschen integrieren, an denen wir uns sehr stark orientieren.

Es wäre dann z.B. eher förderlich, Raum für einen Austausch zu schaffen, um sich mitteilen zu können. Welche Sorgen und Ängste sie beispielsweise haben, wie und was sie über bestimmte Maßnahmen denken und welche Wünsche sie in punkto Umwelt, Klimaschutz und Klimaanpassung hegen. Anschließend könnte man eine geeignete Social Media Kampagne gestalten. Effektive Klimakommunikation bedeutet auch immer zu verstehen, in welchem sozialen, emotionalen, historischen und gesellschaftlichem Gefüge Menschen eingebettet sind und wie wir sie am besten erreichen können.

Das ganze Interview hören Sie in unserem Podcast „Angepasst?!“

Im Auftrag des:

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