Stadt Helmstedt – Verbot von Schottergärten

In Helmstedt sind Schottergärten gemäß der niedersächsischen Bauordnung verboten, da ungenutzte Flächen als Grünflächen gestaltet werden müssen. Diese Maßnahme unterstützt gezielt die Klimaanpassung, indem sie hilft, die negativen Auswirkungen steigender Temperaturen und veränderter Niederschlagsmuster abzumildern. Schottergärten tragen zur Erwärmung der Umgebung bei, fördern die Versiegelung des Bodens und verschlechtern die Fähigkeit städtischer Gebiete, mit den Folgen des Klimawandels umzugehen. Als Alternative werden pflegeleichte und klimagerechte Begrünungslösungen für Vorgärten gefördert. Robuste Bodendecker, trockenheitsresistente Stauden, Ziergräser, Mulchschichten und heimische Pflanzenarten spielen hierbei eine Schlüsselrolle. Sie verbessern die Fähigkeit der Böden, Wasser zu speichern, reduzieren die Aufheizung von Flächen und bieten gleichzeitig Schutz vor Starkregenereignissen, indem sie die Versickerung fördern. Durch eine geschickte Pflanzenwahl und den Einsatz moderner Bewässerungssysteme lassen sich Vorgärten gestalten, die sowohl widerstandsfähig gegen extreme Wetterbedingungen als auch attraktiv sind. Solche grünen Flächen tragen dazu bei, Hitzeinseln in der Stadt zu reduzieren, das Regenwassermanagement zu verbessern und eine angenehmere Aufenthaltsqualität zu schaffen. Helmstedt zeigt damit, wie Klimaanpassung konkret umgesetzt werden kann, um städtische Räume widerstandsfähiger und lebenswerter zu machen. Die Förderung von Grünflächen ist ein wegweisender Schritt, um die Auswirkungen des Klimawandels abzufedern und zugleich den Wohnkomfort für die Bevölkerung zu steigern.

Beispiel eines Schottergartens

Schottergarten

Begrünte Vorgärten in einem Neubaugebiet

Begrünte Vorgärten in einem Neubaugebiet

Themenfeld
Hitze und Trockenheit
Stadtplanung
Überflutung
Laufzeitbeginn
04/2022
Name der Gebietskörperschaft / Einrichtung
Helmstedt
Bundesland
Niedersachsen

Ziele und Aktivitäten

Motivation

Das Projekt zum Rückbau von Schottergärten ist Teil einer umfassenden Klimaschutz- und -Anpassungsinitiative der Stadt Helmstedt, die den Erhalt der Artenvielfalt und die Verbesserung des städtischen Mikroklimas fördert. Seit 2019 setzt sich der Stadtrat aktiv gegen die übermäßige Versiegelung von Flächen ein, um den negativen Auswirkungen auf das Klima, die Biodiversität und die Lebensqualität der Bürger entgegenzuwirken. Schottergärten tragen zur Erwärmung des urbanen Klimas bei, verhindern die natürliche Versickerung von Regenwasser und verringern die Luftqualität. Darüber hinaus bieten sie keinen Lebensraum für Tiere und Insekten. Das Projekt zielt darauf ab, diese Problematik zu bekämpfen und Helmstedt zu einer nachhaltigeren, grüneren und lebenswerteren Stadt zu machen.

Spezifikation

Das Verbot von Schottergärten in Helmstedt stützt sich auf die niedersächsische Bauordnung, die vorschreibt, dass unbebaute Grundstücksflächen als Grünflächen gestaltet werden müssen. Ziel dieser Regelung ist es, unnötiger Versiegelung entgegenzuwirken. Die Menschen sollten in diesem Zuge sensibilisiert werden für naturnahe Gärten, die ökologisch wertvoll und gleichzeitig ästhetisch ansprechend sind. Naturnahe Gartengestaltungen mit heimischen und standortgerechten Pflanzen bieten zahlreiche Vorteile: Sie schaffen Lebensräume für Insekten und Vögel, verbessern die Luftqualität durch Schadstofffilterung und benötigen aufgrund ihrer Anpassung an lokale klimatische Bedingungen weniger Pflege und Bewässerung. 

Die Stadt Helmstedt unterstützt ihre Bürger*innen bei der Umsetzung dieser Vorgaben durch aktive Sensibilisierung. Bereits bei der Erteilung von Baugenehmigungen werden die Eigentümer auf die Vorschriften hingewiesen. Zudem überprüft die Stadt regelmäßig, ob die Vorgärten den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, und fordert gegebenenfalls den Rückbau von versiegelten Flächen (z. B. auch unbegrünte Mulchflächen sind nicht zulässig). Grundstückseigentümer*innen, die ihre Schottergärten zurückbauen müssen, erhalten ausreichend Zeit, um ihre Gärten (am liebsten) naturnah umzugestalten. Die Entscheidung, wie begrünt wird, ist jedoch am Ende jedem selbst überlassen.

Kooperation und Vernetzung

Grundstückseigentümer*innen können sich bei der Umgestaltung ihrer Gärten an Organisationen wie den NABU (Naturschutzbund Deutschland) oder den Garten- und Landschaftsbau-Verband Niedersachsen wenden. 

Die Zusammenarbeit innerhalb der Kommunalverwaltung lief in erster Linie zwischen den Abteilungen Bauordnung und Umwelt. Andere Abteilungen und Fachbereiche wurden beispielsweise für die Datenbeschaffung (Ermittlung der Grundstückseigentümer*innen aus ALKIS und Steuerdaten anhand von Adressen) oder Lieferung von Luftbildern von Drohnenbefliegungen zu versiegelten Flächen eingebunden.

Erkenntnisse

Projektergebnisse

Die Stadt Helmstedt bewertet die Ergebnisse als sehr gut. Der Rückbau ist bei 98 % der Grundstücke, den Anforderungen entsprechend, erfolgt. Sehr viele Menschen haben sich für eine insektenfreundliche Bepflanzung entschieden und nur wenige haben z. B. eine (ökologisch eher wertlose) Rasenfläche angelegt. 

Die restlichen Eigentümer*innen bekommen nun rechtswirksame Rückbaubescheide mit einer Frist von 2 Monaten und Androhung von Zwangsgeldern.

Herausforderungen

Eine der größten Herausforderungen bei diesem Projekt war die Kommunikation mit den Bürger*innen. Zu Beginn gestaltete es sich als sehr schwierig, das Verständnis für die Notwendigkeit der Maßnahme zu gewinnen. Es erforderte viel Aufwand, um die Betroffenen zu erreichen und ihre Bedenken ernst zu nehmen, was zahlreiche Gespräche – sowohl telefonisch als auch persönlich vor Ort – nach sich zog. Zudem gab es immer wieder Situationen, in denen der Umgang mit aggressiven Reaktionen und verbalen Ausbrüchen erforderlich war. Mit solchen emotionalen Reaktionen war zu rechnen, da nicht alle die Maßnahme von Anfang an positiv aufnehmen würden.

Erkenntnisse

Zu Beginn des Projekts wurde ein allgemeines Rundschreiben an alle Haushalte versendet, das zusammen mit dem jährlichen Steuerbescheid auf das Verbot von Schottergärten und die bevorstehenden Kontrollen hinwies. Vor den eigentlichen Kontrollen wurden die Bürger*innen zu Informationsveranstaltungen eingeladen, bei denen es um die Problematik von Schottergärten und die Vorteile pflegeleichter, blühender Vorgärten ging.  

Die Kontrollen selbst erfolgten in mehreren Abschnitten, die je nach Größe der Stadt geplant wurden. Um den Prozess zu entzerren, lag zwischen dem ersten und zweiten Abschnitt ein Zeitraum von etwa sechs Monaten. In der Regel sind die Reaktionen auf die Kontrollen im ersten Abschnitt sehr heftig und emotional. Im zweiten Abschnitt, nachdem sich die Informationen bereits weiterverbreitet haben, fallen die Reaktionen meist weniger dramatisch aus. Die Kontrollen wurden im gesamten Stadtgebiet durchgeführt, überwiegend mit dem Fahrrad und teils zu Fuß. Dabei wurde die Grundstückssituation fotografisch dokumentiert, ohne dass die Grundstücke betreten wurden. 

Nach der Kontrolle erhielten die betroffenen Eigentümer*innen ein Anschreiben, das auf die unzulässige Versiegelung hinwies und den Verweis auf die niedersächsische Bauordnung („nicht baulich genutzte Flächen müssen Grünflächen sein“) enthielt. In dem Schreiben wurde den Betroffenen eine Frist von 12 Monaten eingeräumt, um die Umgestaltung ihrer Vorgärten vorzunehmen.  

Ein besonders wichtiger Aspekt war, dass in dem Schreiben die Kontaktdaten des zuständigen Mitarbeitenden angegeben wurden – sowohl Telefonnummer als auch E-Mail-Adresse – damit sich die Betroffenen direkt melden und gegebenenfalls Vor-Ort-Termine vereinbaren oder Fragen klären konnten. Dieser direkte Kontakt war entscheidend, da es wichtig war, den Bürger*innen während des gesamten Prozesses Unterstützung zu bieten und sie nicht allein zu lassen. Eine gute Betreuung und Kommunikation waren unerlässlich, um die Maßnahme erfolgreich umzusetzen.

Im Auftrag des: