Stadt Stein – Lokales Modell zur Be- und Entwässerung mit Baumrigolen

Die Stadt Stein setzt im Hinblick auf potenzielle Risiken durch Starkregen und zum Schutz des lokalen Baumbestands auf den Einsatz klimawirksamer Niederschlagsbewirtschaftung. Zwischen 2019 und 2026 realisiert die Kommune, in enger Zusammenarbeit mit Bauträger und Stadtgärtnerei, 21 Baumrigolen und trägt auf diese Weise zur Umsetzung des Schwammstadtprinzips bei. Seit Oktober 2024 wird zudem evaluiert, ob die Baumrigolen im Wohnpark Stein hinsichtlich des Niederschlagsmanagements funktionieren und, ob die gewählten Zukunftsbaumarten am Standort durch den Umbau in der Schwammstadt zurechtkommen. 

Projektbeteiligte (Stadt Stein)

Projektbeteiligte (Stadt Stein)

Das Vorhaben im Bebauungsplan Nr. 8 d „Blumenstraße / Lilienstraße“ (Stadt Stein)

Das Vorhaben im Bebauungsplan Nr. 8 d „Blumenstraße / Lilienstraße“ (Stadt Stein)

Herausforderung der Entwässerung im Gebiet (Stadt Stein)

Herausforderung der Entwässerung im Gebiet (Stadt Stein)

Koppelung blau-grüner Infrastruktur (Stadt Stein)

Koppelung blau-grüner Infrastruktur (Stadt Stein)

Lokales Modell einer Baumrigole (Stadt Stein)

Lokales Modell einer Baumrigole (Stadt Stein)

Funktion einer Baumrigole (Stadt Stein)

Funktion einer Baumrigole (Stadt Stein)

Erweiterter Retentionsraum unter den Parkflächen (Stadt Stein)

Erweiterter Retentionsraum unter den Parkflächen (Stadt Stein)

Förderprogramm
Nicht gefördert
Themenfeld
Graue Infrastruktur
Grüne Infrastruktur
Hitze und Trockenheit
Stadtplanung
Überflutung
Laufzeitbeginn
07/2019
Laufzeitende
07/2026
Name der Gebietskörperschaft / Einrichtung
Stadt Stein
Bundesland
Bayern

Ziele und Aktivitäten

Motivation

Bei der Entwicklung des Baugebietes Nr. 8d „Blumenstraße-Lilienstraße“ in der Stadt Stein durch den Nürnberger Bauträger „Schultheiß Projektentwicklung AG“ wurde schnell deutlich, dass zur Aufnahme des anfallenden Oberflächenwassers der vorhandene Mischwasserkanal in den angrenzenden Straßen nicht ausreichend bemessen sein würde. Daher wurde seitens der Stadt Stein eine neue Art der dezentralen Wasserbewirtschaftung nach dem Prinzip der Schwammstadt im städtebaulichen Vertrag vereinbart.

Die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG-Bayern) nimmt den Umbau des Baugebiets zum Anlass um Vor- und Nachteile der Rigolen-Bauweise für den Baum zu erörtern. Dadurch sollen nicht nur Aussagen über Entwässerung und Wasserspeicherung der jeweiligen Rigolen getroffen werden können, sondern auch untersucht werden, inwiefern Zukunftsbaumarten wie Acer campestre ‚Huibers Elegant‘, Alnus spaethii und Co. in der Infrastruktur der Schwammstadt zurechtkommen. 

Spezifikation

Ein Neubau bzw. eine Vergrößerung des bestehenden Mischwasserkanals sollten vermieden werden. Durch die Herstellung von 21 dezentral angelegten Baumrigolen konnte der notwendige Kanal für Niederschlagswasser eingespart werden und der bestehende Mischwasserkanal unverändert bleiben. Nun findet eine 100 %-ige Versickerung des Niederschlags vor Ort statt. Hauptaufgabe war es, an dieser Stelle alle öffentlichen Gehwege sowie alle Park- und Straßenflächen in die Baumgruben (Rigolen) anzuschließen. Da Wasser von Verkehrsflächen grundsätzlich belastet sein kann, werden alle Baumstandorte durch technische Filteranlagen abgesichert. Das zusätzliche, sporadisch anfallende Niederschlagswasser steht dem Baum in erster Linie zur Versorgung zur Verfügung. Ist die Baumgrube gesättigt, versickert das Wasser im Untergrund. Erst bei Überlastung des Systems erfolgt eine Ableitung in den Mischwasserkanal.

Die Finanzierung erfolgt nach dem Verursacherprinzip durch den Bauträger, da es sich bei Einrichtungen zur Entwässerung in erster Linie um Infrastruktur des geplanten Wohngebietes handelt.

Das LWG-Bayern-Projekt „Regenwassermanagement mit öffentlichen Grünflächen am Beispiel von multifunktionalen Baumrigolen im Wohnpark Stein - Evaluierung von Baumrigolen“, auch unter dem Akronym „GrünSpeichertBlau“ geläufig, knüpft an die technische Ausführung der Rigolen an. 10 der neugepflanzten Bäume, die 6 Zukunftsarten angehören, werden hierzu mit Messtechnik versehen, davon auch 2 Bäume ohne Rigole, die als Referenz für die Evaluation dienen sollen. 

Kooperation und Vernetzung

Durch den Bauträger, die Fa. Schultheiß Projektentwicklung AG, wurde die Umsetzung der gesamten Maßnahme sichergestellt. Die Stadt Stein hat den notwendigen Bebauungsplan erstellt, dessen detaillierte Umsetzung über städtebauliche Verträge mit dem Bauträger erfolgte. Angeregt durch Stadtbauamt und Stadtgärtnerei wurde eine ortsspezifische Lösung für die Baumrigolen gefunden. Das IB Siegle aus Nürnberg hat die Fachplanung der Baumrigolen als Teil des Entwässerungssystems und des Straßenkörpers im Auftrag der Fa. Schultheiß Projektentwicklung AG übernommen. Der fachliche Input zu den Baumrigolen erfolgte durch die Fa. VulkaTec-Riebensahm GmbH. Die „Überwachung im Sinne der Bäume“ bei der Umsetzung übernahm die Stadtgärtnerei. Erst nach Ausführung des Umbaus schließt sich das Versuchsvorhaben GrünSpeichertBlau des LWG-Bayern der Kooperation an. 

Erkenntnisse

Projektergebnisse

Die geplanten 21 Baumrigolen sind als Bestandteil der Entwässerungseinrichtung errichtet und umgesetzt worden, um effektiv zum Niederschlagsmanagement und zur Klimaanpassung der Stadt Stein beizutragen. Darüber hinaus verspricht das Begleitprojekt GrünSpeichertBlau interessante Resultate bezüglich der Standorteignung von Rigolen für Zukunftsarten in der Schwammstadt. 

Herausforderungen

Die größte Hürde stellt in den meisten Bundesländern die wasserrechtliche Genehmigung dar, wenn das Niederschlagswasser von Straßenflächen letztendlich bis ins Grundwasser versickert wird. In Bayern gibt es jedoch mit der BayNWFreiV und der TRENGW zwei Verordnungen, bei deren Einhaltung eine genehmigungsfreie Niederschlagswasserbehandlung möglich ist. 

Eine weitere Herausforderung stellte die Beaufsichtigung des Baubetriebs dar, da die Baumrigolen nach der Fertigstellung nicht mehr sichtbar sind. Während der Bauphase bedarf es der ständigen Kontrolle und Sensibilisierung aller beteiligten Baufirmen, um den mehrstufigen Bau der Anlagen einwandfrei zu gewährleisten. Die Schulung von Fachkräften ist wichtig, um bspw. Bauarbeitern einen Blick unter die Oberfläche eines Baumstandorts zu ermöglichen und damit ein Verständnis der sensiblen Entwässerungseinrichtung im Untergrund zu vermitteln.

Erkenntnisse

Es ist besonders wichtig mit den Genehmigungsbehörden offen und umfangreich zu kommunizieren. Systeme wie Baumrigolen sind komplex und bedürfen dazu der Erklärung. Verschiedenste Bauteile und Substrate mit unterschiedlichen Eignungen treffen auf Verordnungen in denen es den Begriff „Baumrigole“ nicht gibt. Die Regelwerke sind hierbei nicht aktuell genug um die gegenwärtigen Ziele und Problemstellungen zur Schwammstadt oder zum Klimaschutz  zu gewährleisten. In den Regelwerken ist daher die technische Funktion der Versickerung von Niederschlagswasser dem Sinn und Zweck nach in die Vorschriften zu interpretieren. Dies setzt das gemeinsame Interesse aller Beteiligten/ Behörden an einer klimaangepassten Handlung voraus.

Im Auftrag des: